Einleitung
Baldrian ist in der Homöopathie ein sehr bekanntes Medikament für hysterische Persönlichkeiten und im Repertorium kann man recht viele dafür typische Symptome finden. Wikipedia sagt uns dazu: "Unter Hysterie wird in der Psychiatrie eine neurotische Störung verstanden, die unter anderem mit oberflächlicher, labiler Affektivität und einem hohen Bedürfnis nach Geltung und Anerkennung einhergeht." Aus dem Kino kennen wir alle Szenen, wo ein Hauptdarsteller seiner schreienden Filmpartnerin sagt, sie solle nicht hysterisch werden. Aber wie erkennt man ein derartiges Verhalten an einer Patientin? Dr. Vijayakar bemerkt hierzu, dass es sich rein um überschießende und durch den individuellen Stimulus nicht erklärbare Reaktionen handelt. Dies sei per definitionem syphilitisch, weil 'out of control', allerdings entstehe seltener etwas Malignes hieraus, da es ja dazu eben nicht ausreichend zielgerichtet sei.
Wikipedia sagt uns: "Der botanische Name kommt von lat. valere = kräftig, gesund sein. Der deutsche Name stammt vom lateinischen ab und ist möglicherweise volksetymologisch angelehnt an den Namen des nordischen Lichtgottes Balder (Baldur), Sohn des Odin und der Frigga."
Ein Pflanzenauszug wird häufig als mildes Schlaf- und Beruhigungsmittel eingesetzt, aber auch als leichtes Anxiolytikum. An dieser Stelle muss ich gestehen, mich unwohl zu fühlen, da man eigentlich ein umgekehrtes Wirken in der Homöopathie erwarten sollte und ich das kann ich mir nicht so einfach erklären. Eigentlich sollten die homöopathische und die allopathische 'Wirkung' ja entgegen gesetzt sein (Link: Ähnliches mit Ähnlichem, s. hier das Bsp. Kaffee). Dies ist hier aber offensichtlich nicht der Fall. In beiden Systemen wirkt die Pflanze beruhigend. Für mich liegt die einzige Erklärung hierfür in einer allgemein homöopathischen Wirkung aufgrund des Ähnlichkeitsgesetzes auch bei den materiellen Dosen der Phytotherapie/Allopathie. Man müsste einmal beobachten, was durch die regelmäßigen Einnahme größerer Mengen, z.B. in Form von Tee, bei einem Gesunden Menschen für Folgen einträten.
Es gibt eine Valeriansäure, die Bestandteil der Pflanzenwurzel ist und aus ihr gewonnen werden kann. Sie ist Ausgangssubstanz von anderen homöopathischen Mitteln, die dann nicht mehr der Botanik sondern den chemischen Substanzen zuzurechnen sind. Ebenfalls hysterische Eigenarten findet man auch bei Zincum-valerianicum, Ammonium-val, Chin-val, Stry-val und Ferr-val, die sehr unterrepräsentiert sind im Repertorium.
Klassische Literatur
Betont wird von der frühen Literatur an die hysterische Komponente, v.a. das Gefühl, ein Faden hinge in die Kehle und die Ohrenschmerzen durch Einwirkung von kalter Luft. Der Bauch sei aufgetrieben, bei Kindern komme es zum durchfälligen Abgang von Klumpen geronnener Milch. Ebenso werden diese Klumpen erbrochen. Die Wangen werden als gerötet und überwärmt beschrieben an der frischen Luft. Bei Ischiasbeschwerden sind diese stark verschlechtert beim Stehen und wenn der Fuß locker auf dem Boden ruht.
Was im Nachhinein besonders interessant ist, ist die Rubrik 'überempfindlich gegen Sinneseindrücke'.
Eigene Erfahrungen
Bei dieser Patientin kann ich mich an einige Verordnungen erinnern, die zu keiner Besserung ihrer dauernden Beschwerden führen wollten. Sie war sehr nett, sehr eloquent und an allem wiß- und mitteilungsbedürftig. Es war so ein sehr nettes an allem interessiert sein, das mir den Eindruck von Plätschern gab.
Als einziges besonderes körperliches Merkmal erinnere ich ihre roten Wangen. Und natürlich die dauernden Beschwerden und ihre starke Fixation auf ihre Gesundheit, in jeder Beziehung (vgl. Selenium bzw. die dort besprochene Rubrik Fanatismus!). Sie konnte eine fast beliebige Zeit über Ernährung referieren, wobei sie auch schnell und fliegend in der Lage war das Thema wechseln. Ihre Beschwerden wurden durch fast alles verschlimmert, eigentlich sogar alles, was irgendwie auf ihre Sinne einwirkte. Gemeinsam mit ihrer Frostigkeit und der Linksseitigkeit ihrer Beschwerden versuchte ich schließlich mein Glück mit Valeriana (s. die Repertorisation) und sowohl sie, als auch ihr Ehemann, sind mir sehr dankbar.
Repertorium
- Gemüt; EMPFINDLICH, überempfindlich; allgemein; Sinneseindrücke (30): am-c, ars, ars-i, aur, bar-c, berb, calc, carc, cast, chin, coff, dig, graph, hep, iod, kola, lyc, mag-c, meth-ae-ae, nat-c, nit-ac, nux-v, petr, phos, ratt-n, sep, sil, thuj, valer, zinc
- Gemüt; GEMÜTSSYMPTOME wechseln mit; anderen Gemütssymptomen (15): alum, aur, bell, con, croc, ferr, Ign, Nux-m, plat, stram, sul-ac, valer, verat, zinc, ziz
- Gemüt; WANDERN; Wandertrieb; Haus herum, um das (1): valer
- Gemüt; FANATISMUS (13): aur-ar, bell, carc, caust, con, cupr, lap-c-b, puls, rob, sel, sulph, thuj, valer
- Gemüt; WAHNIDEE, Einbildung; schwimmen, meint zu; Luft, in der (5): calc-ar, lac-c, lact, manc, valer
- Gemüt; EMOTIONEN; kontrolliert werden, müssen vom Intellekt (3): plb, valer, viol-o
- Augen; SCHNUR, die durch das Auge gezogen ist, wie von einer (7): bufo, ign, lach, mur-ac, par, plat, valer
- Hals; FADEN der im Hals hängt, Empfindung von einem (5): coc-c, mosch, nat-m, sabad, valer
- Hals; FADEN der im Hals hängt, Empfindung von einem; Erbrechen, mit (1): valer
- Hals; FADEN der im Hals hängt, Empfindung von einem; Speichelfluß, mit (1): valer
- Allgemeines; FÄDEN, Empfindung von (10): bry, choc, coc-c, ign, lach, nux-v, osm, par, plat, Valer