Einleitung
Nachdem wir im Dezember gesehen haben, dass Verletzung/Verletzlichkeit, eine ¸überschießende’ (hysterische) Reaktion und zu viele Wünsche (1) bei den Asteracaeen eng beieinander liegen, wollen wir uns im Januar einer weiteren Pflanze aus dieser Familie widmen. Dies ist das Gänseblümchen oder Bellis perennis.
(1) z.B. finden wir in folgender Rubrik 3 Asteraceen (cham, cina, arn) von 8 Mitteln insgesamt, davon Cham sehr prominent:
Gemüt; VERLANGEN, Wünsche, Begehren, Drang, Trieb, Bedürfnis; ungeduldig nach vielen Dingen, mag sein Lieblingsspielzeug nicht, Kind (8): arn, Cham, cina, dulc, kreos, puls, Rheum, staph
In Wikipedia lesen wir: Das Blütenkörbchen richtet sich aufgrund des Heliotropismus immer nach der Sonne und schließt sich abends sowie bei schlechtem Wetter. Die Blütenkörbchen von Bellis perennis, welche von Februar bis in den November hinein aufblühen, werden von Bienen, Hummeln, Schwebfliegen und vor allem Fliegen besucht. …
Aus der Gattung Bellis kommt lediglich Bellis perennis außerhalb des Mittelmeerraums, auch in Mittel- und Nordeuropa vor. Bellis perennis wird in Mitteleuropa als ein Archäophyt (in historischer Zeit, insbes. vor 1492, schon in Mitteleuropa beheimatet) betrachtet, der durch Schaffung von weiträumigen Wiesen und Weiden in vorgeschichtlicher Zeit zu einer weiten Ausbreitung nach Norden kam. …
Bellis (lateinisch) bedeutet schön, hübsch, perennis (lat.) ausdauernd, mehrjährig. …
Das Gänseblümchen ist einer der ersten Frühlingsboten und es heißt, wer die ersten drei Gänseblümchen im Frühjahr esse, werde das restliche Jahr von Zahnschmerzen, Augenbeschwerden und Fieber verschont. Und wer getrocknete Gänseblümchen bei sich trüge, die am Johannistag mittags zwischen 12 und 13 Uhr gepflückt wurden, dem ginge keine wichtige Arbeit schief. …
Viele Königsgräber in Ur aus dem dritten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung enthielten einen goldenen Kopfschmuck, der mit Gänseblümchen verziert ist.
Eine sehr alte 16-blättrige Form des Gänseblümchens findet sich als häufigstes florales Element am Ištar-Tor in Babylon als Zeichen Ištars. Zu sehen ist dies heute im Pergamon-Museum in Berlin, wie im Bild rechts dargestellt. In diesem Museum lohn sich auch ein Blick auf den inneren Fries des Pregamon-Altars. Die Geschichte, die dort erzählt wird von der Wunde des Telephos, die nicht heilen will und laut Orakel nur von dem dazu veranlasst werden kann, der sie auch geschlagen hat. Dabei entpuppt sich Achilleus zwar als großer Krieger, aber lausiger Heiler und erst die Idee des Odysseus, kleine abgeschabte Späne der Lanze in die Wunde zu streuen, führt zu deren Abheilung.
Dies erinnert schon sehr frappierend an die Prinzipien der Homöopathie, auch wenn es streng genommen Isopathie ist, da nicht Ähnliches Verwendung findet, sondern Gleiches (die Lanze schlägt die Wunde und kleine Teile von ihr heilen sie auch).
Klassische Literatur
Bei Boericke (1) lesen wir: … Starke muskuläre Schmerzhaftigkeit. Lahmheit wie von Verstauchung. Blutandrang in den Adern wegen mechanischer Ursachen. Erstes Mittel bei Verletzungen tiefer liegender Gewebe nach größeren Operationen. Folgen von Nervenverletzungen mit starker Schmerzhaftigkeit u. Unverträglichkeit von kaltem Baden. …
Abdomen: WUNDHEIT DER BAUCH- U. UTERUSWÄNDE. Stiche in der Milz, schmerzhaft, vergrößert. Gelbe, schmerzlose Diarrhoe, fauliger Geruch …
Extremitäten: Schmerzhafte Gelenke. Wundheitsgefühl der Muskulatur. …
Auch R. Morrison (2) spricht in seiner Materie Medica in erster Linie von dem wunden Gefühl, Hämatomen, Prellungen und generell dem Zustand nach Trauma.
Bei Dr. Vijayakar wurde der langsame und langwierige Verlauf eines Traumas, und sei es nur ein Ultraschall oder die Zertrümmerung von z.B. Nierensteinen mittels Ultraschall, betont. Danach passiert erst einmal für Jahre nichts sondern der Patient wird einfach träge und entwickelt eine schleichende, nicht in direktem Zusammenhang mit dem Trauma stehende Erkrankung. Er betonte auch, dass es grundsätzlich empfindsame und verletzliche (sic!) Menschen seien.
(1) William Boericke, Handbuch der homöopathischen Materia medica, Karl F. Haug Verlag, 4. Auflage, Stuttgart 2004
(2) Roger Morrison, Handbuch der homöopathischen Leitsymptome, Kai Kröger Verlag, 2. Auflage, Groß Wittensee 1997
Eigene Erfahrungen
Der Patient kommt wegen regelmäßig und rezidivierend auftretender Gerstenkörner und Lidrandentzündungen. Dabei war er vor Jahren wegen ebendieser Beschwerden schon einmal mit Rittersporn in c30 erfolgreich behandelt worden. Diesmal hat das Mittel (Selbstverordnung) jedoch keinen Effekt mehr. Ich könnte mir in Zusammenhang mit so einem empfindlichen Mittel/Patienten auch gut vorstellen, dass es sich bei der damaligen Verordnung um eine Unterdrückung gehandelt hat, da ich die wichtigsten Eigenschaften von Staphisagria, nämlich Stolz und Geradlinigkeit bei dem Patienten überhaupt nicht wahrnehmen konnte. Dabei macht er den Eindruck, genau zu wissen, was er will, und was nicht.
Es handelt sich um eine sehr sensible, vom Leben schon in jungen Jahren doch recht gebeutelte Person. Man spürt eine tiefe Traurigkeit, die aber von einer großen Nettigkeit und Freundlichkeit intelligent kaschiert wird. Er war immer wieder dem Vater gefolgt, der nach Übersee gezogen war, was der Patient, der auch recht scheu wirkte nicht mochte. Dabei hatte er jetzt eine Art ‚perlender‘ Freundlichkeit, ist seinen Lebensweg recht erfolgreich gegangen und hat 2 problemlose Kinder. Das einzige, das mir nach der Erstanamnese auffallend erscheint, ist eine Reihe von prophetischen Wahrträumen und die Tatsache, dass er sich bei Gewitter ungewöhnlich gut fühlt. Daneben steht natürlich die gerade geschilderte allgemeine und individuelle Geschichte. In dieser Kombination ist das alles recht eindeutig und man kann dann auch das Hauptsymptom, die Augenprobleme, außer Acht lassen. Tatsächlich befindet sich das Mittel in keiner korrespondierenden Rubrik.
Repertorium
- Gemüt; TRÄUME; hellsichtig (17): Acon, adam, asaf, bell-p, bov, cann-i, com, cortico, lac-del, lach, m-arct, mang, ph-ac, phos, rad-br, sulph, ther
- Gemüt; TRÄUME; Ersticken (10): arn, bell-p, chel, ign, iris, kali-bi, kali-c, merc-i-r, sang, xan
- Gemüt; WAHNIDEE, Einbildung; verlassen, im Stich gelassen (36): Arg-n, aur, ... bell-p, ... cycl, ... hyos, kali-br, ... lyss, Mag-c, .... plat, ... stram
- Gemüt; TRAURIGKEIT, Trübsinn, Niedergeschlagenheit, Depression, Melancholie; Gewitter/thunderstorm amel. (3): bell-p, carc, sep
- Gemüt; GEWITTER; während; amel. (5): bell-p, carc, lyc, rhus-r, sep