Die Ursprungssubstanz
Morphinium (1) ist das Haupt-Alkaloid des Opium mit der Summenformel C17H19NO3.
Es wurde 1804 erstmals von dem deutschen Apothekergehilfen Friedrich Wilhelm Adam Sertürner in Paderborn aus Opium isoliert und besitzt stark analgetische und narkotische Eigenschaften. Deshalb wurde es später als Morphin nach dem griechischen Gott der Träume Morpheus benannt. Es ist ein Rauschgift und unterliegt betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften gemäß dem Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel.
Morphin wird aus Opium, d. h. aus dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns (Papaver somniferum), gewonnen; der Morphinanteil im Opium liegt bei etwa 12%, schwankt aber abhängig von der Herkunft und Vorbehandlung des Milchsafts deutlich.
Medizinisch wird Morphin zur Behandlung von starken und stärksten akuten und chronischen Schmerzen verwendet.
'Als 1853 die Injektionsspritze erfunden wurde, haben Morphinisten sie direkt genutzt, um den Stoff schon in 15 Minuten im Gehirn spüren zu können.' (2)
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Morphin
(2) https://www.drogen-aufklaerung.de/opium-morphium-und-heroin
Eigene Erfahrungen
Wie Boericke (1) bemerkt, hat Morphinum 'dieselbe Beziehung zu Opium wie Atropin zu Belladonna - d.h. es stellt die nervöse Seite dar. Es zeigt weniger Stimulation, weniger Zuckungen, wirkt entschieden mehr schlaffördernd. Es verstopft weniger, … Reizbar, nörgelnd, hysterisch. Schock durch Schrecken. Traumhafter Zustand. …
Dunkelrotes oder blasses livides Aussehen von Gesicht, Lippen, Zunge, Mund oder Rachen. …'
Wie so oft, sind diese Sätze stark interpretationsbedürftig. Tatsächlich ist Morphin das Haupt-Alkaloid des Opium, wie auch Atropin das Haupt-Alkaloid der Tollkirsche ist. Wie es zu der Aussage kommt, sie stelle ' die nervöse Seite dar' ist und bleibt mir ein Rätsel. Vielleicht meint er damit auch, dass das Morphinium, über Atropin kann ich nichts sagen, deutlich aktiver und im täglichen Umgang wesentlich 'lebendiger' als das eher beschauliche Opium ist. Dies würde ich auch als erstes über das Mittel schreiben wollen, es ist sehr lebendig, streitet gerne und übertreibt alles. In diese Rubrik fallen auch seine Übertreibungen, die im Repertorium als Lügen Einzug gehalten haben.
- Geist, Gemüt; Lügner (39): agath-a ALCO alum-s androc arg-n astac bell bos-s calc carb-v caust clad-r coca con CUPR-ACET dpt electr falco-p hoch hura kola lac-c lyc lyss MED merc MORPH nat-m nux-v OP phos puls scorp sil STAPH sulph SYPH thal-s THUJ VERAT
- Geist, Gemüt; Lügner; sagt nie die Wahrheit, weiss nicht, was sie sagt (6): alco arg-n lac-c MORPH OP SYPH VERAT
Wenn man genau hinschaut, ist dies auch so. Seine Erzählungen sind bis weit in den Bereich der Lüge und Fantasie hin ausgedehnt. Dieses extrem energetisch gesprächige und fast raue Element im Reden von Morphinium steht in krassem Gegensatz zu Opium und anderen Mitteln. Vijayakar (2) vergleicht es mit Stramonium, das aber meist dennoch eher schüchtern und auch zurückhaltend ist und bei dem es nur in Ausnahmefällen zu derartigen Ausbrüchen kommen kann. In meiner Erfahrung ist das etwas komplett anderes und in der Praxis kaum zu verwechseln. Tatsächlich steht Morphinium mit seinem Hochdruck-Erzählen fast alleine in der Materia Medica da. Auf zart-besaitete Menschen erscheint er furchteinflössend und die schiere Lautstärke seiner Rede ist beeindruckend. Eine arterielle Hypertonie als direkte Folge dieses Wesens ist also selbstverständlich.
- Sprechen & Stimme; laut (74): acon agar amet ant-t apoc arg-m arg-n argo ARN ARS ars-h atro aur bacch-a BELL borr-b bufo bung-f calad calx-b camph cann-i cann-s carc cham con croc cupr dat-m dios fagu ferr-br graph HYOS iod KALI-C kali-i lac-leo lach lact m-arct m-art m-aust mag-c merc morph mosch MUR-AC nat-c NAT-M NUX-M NUX-V OP ory-c par plat puls rhus-t sabin sel SEP SIL sile-c spong stann staph STRAM stry sul-ac SULPH TARAX tep thuj VERAT

Was bei Boerickes Beschreibung noch auffällt und auch von Vijayakar so beschrieben wird, ist die Tatsache des auffallend roten Gesichtes, wie man es von Belladonna, aber eben auch von Opium kennt. All diese Mittel haben eine deutlich dunkelrote Grundfarbe des Gesichtes und ich würde es als ein wirklich starkes Zeichen, gemeinsam mit dem energievollen Auftreten und der lauten Sprache, nehmen.
Dabei erinnere ich mich an einen Fall, bei dem ich lange in der Rubrik
- Sprechen & Stimme; betrunken, wie (21): amet amyg-am androc BAPT BELL bos-s carb-an diox GELS HYOS lampr-s laur lyc meph naja-m nat-m NUX-V OP rhus-t STRAM vip
erfolglos gesucht habe und Mittel wie Belladonna, Hyoscyamos und Nux-vomica verordnete. Lange später kam mir dann aufgrund meiner Erfahrungen bei Dr. Vijayakar die Idee für Morphinium, das den Fall komplett veränderte und die Hauptbeschwerde, wie auch die allgemeine Aussicht auf das Leben, zum Positiven hin veränderte.
Was ich nicht unerwähnt lassen möchte, ist die Vorgeschichte von beachtlichen Traumata, die mehr oder weniger überspielt worden sind. Die Person hat es nicht wirklich verarbeitet, sondern ist direkt zu einer Art 'Gegenangriff' übergegangen, indem sie die mangelnde Fairness der Welt mit persönlicher Lautstärke überspielen wollte. Man wird einen solchen Zusammenhang natürlich, wie so oft, nicht direkt erzählt bekommen, sondern man wird sich nur wundern, was für ein Trauma da geschehen ist und wie wenig dies aufgearbeitet wurde. Aber das erste was auffällt ist natürlich, wie bereits gesagt, die Lautstärke der Person und ihr sich mit wilden Geschichten ins Zentrum stellen wollen.
(1) Boericke, W., Pocket Manual of homoeopathic Materia Medica, 9th Edition, Boericke and Runyon, Philadelphia 1927, S. 445f bzw. aus MacRepertory für Windows Pro 6.1.7
(2) Eigene Aufzeichnungen nach Dr. Vijayakar, Prafull, Mumbai, Indien